AKTUELLES

(gießen, den 5. märz 2011) Meine Freunde, die Lokführer, haben meine gestrige, verkaterte Heimkehr spannend gemacht. Aber jetzt bin ich endlich wieder zu Hause und blicke müde hocherfreut zurück auf eine gelungene Arbeit, eine erfolgreiche Premiere und eine wunderbare Presse. Von Kiel gehe ich ja immer mit der legendären Träne im Kopfloch (Absicht, kein Schreibfehler!) Sie feiern gerne da oben. Und sie feiern gut. Ich mag sie, die da oben. In Gießen scheint heute die Sonne und jetzt gehe ich in den Waschsalon. Auf der anderen Straßenseite die Kneipe mit der Bundesliga. Zu Hause halt! Und alle Fotos zu den Eheverbrechen hier sind von Thomas Eisenkrätzer.

(kiel, den 3. märz 2011) Keine Atempause, Theater wird gemacht, es geht voran. Die Arbeit in Kiel ist getan und liegt nun auf dem Tablett. Heute abend entscheidet der Zuschauer. Ich bin recht zuversichtlich. In den letzten Tagen hatte die Produktion einige - fast unerwartete - schöne Schritte in die richtige Richtung gemacht. Dafür ist den Schauspielern zu danken. Wie sagte ein alter Intendant von mir: "Arbeiten, arbeiten, arbeiten!". Immer noch das beste Mittel gegen Ängste und Befürchtungen aller Art. Morgen Heimkehr und neben der dringenden Wiederaufnahme des Privatlebens: Hauptsache Arbeit! Wobei der Kölner in mir vor Empörung aufschreit. Eine Konzeptionsprobe am hillige Rusemondaach. Glöv ich dat? Alaaf!


(kiel, den 22. februar 2011)
Seit bald zwei Wochen hat sich Väterchen Frost im Norden häuslich eingerichtet und schickt - das mag er ganz besonders -  tagtäglich seine Eiswinde  ungebremst über die Ostsee. Selbst an den Rändern der Förde bildet sich seit gestern erstes Eis. Letzte Rettung: die Funktionsunterwäsche. Und mein neuer Lieblingsdrink. Die Proben gehen voran, leicht ist das Stück allerdings nicht zu knacken. Aber es wird. Probenfotos und Vorbericht. Nach nun bald vier Monaten unterwegs freue ich mich aber doch sehr auf zu Hause und das Ende der täglichen Entscheidungsfindung: "Welcher Mittagstisch darf es denn heute sein?"

(kiel, den 5. februar 2011) Fischbrötchen und Wind? So ist das wohl mit den Erwartungen. Meine liebste Fischbrötchenbude unten am Bootshafen hat Winterpause und der Wind ist eher ein Orkan und pustet seit zwei Tagen unablässig Regen mit knappen 100 km/h durch  Mantel und Haut und knallt gegen die Fenster meines Hotelzimmers im 4. Stock. Nichtsdestotrotz: Mehr Himmel über dem Kopf als im Süden und kaum Fahrradfahrer. Entspannteres Gehen also. Die Kassen hier sind zwar leerer, doch kaum Gejammer. Und wenn wer klagt, so sind es die allgegenwärtigen Möwen. Aber Möwen klagen nicht, sie schreien. Und folgen dann den Schiffen hinaus aufs Meer.

(gießen, den 31. januar 2011/teil zwo) Noch was. Unlängst elektronische Post aus dem Wohnort erhalten. Man will sich jetzt um die Künstler vor Ort kümmereien. Also wohl auch um mich. Man legt mir einen Kulturentwicklungsplan für Gießen ans internettige Herz. Anhang ein Fragebogen. Und hehre begleitende Worte. Mit Freuden zitiere ich: „Liebe Kulturakteurinnen und – akteure. Wir bauen auf! Entwicklung eines Kulturprofils und die Erarbeitung eines kulturellen Leitbildes. ICG culturplan mit der fachlichen, externen Begleitung des Prozesses beauftragt. Kulturplanung als transparenten und offenen Beteiligungsprozess gestalten. Alle Kulturakteurinnen und - akteure sind aufgerufen, sich an der Befragung zur Bestandserhebung zu beteiligen. Netzwerk der Kulturschaffenden selbst erschaffen. Positionierung. Synergie. Nachhaltig. Bitte arbeiten Sie als Multiplikatoren.“  Pause. Einatmen. Ausatmen. Trotzdem: Magenweh. Warum tut man das der deutschen Sprache an? Und warum denkt man nicht nach, bevor man mit grinsender Hand in den Textbausteinkasten greift? Auweia. Das dachte ich. Dann? Ei gugge da! Noch ein Anhang. Die üblichen Powerpointbalken und prophetischen Tabellen. Eine der Tabellen zierte ein dicker Stern. Anklicken! „Nicht vergessen: Kommunalwahlen in Gießen März 2011.“ Und ich mußte daran denken, wie seit Jahren die Subventionen der Theater und Opern und Ballettruppen konsequent zusammengestrichen werden. Andererseits: schon toll, wenn ein Präsident Klavier spielen kann und auch noch singt. Sind wir nicht alle irgendwo Künstler?