AKTUELLES

(gießen, den 7. märz 2016) Das Lied zum letzten Samstag? Vielleicht dieses. Selten war eine Produktion gleichermaßen mit derart viel Erwartung und Befürchtung behaftet. Gar nicht mal von mir aus. Das "badische Dreamteam" Udo (FR), Sascha (VS) und Lugi (KN) - gestärkt und gestützt von Gerd (DO) - war sich recht schnell einig über den zu wandernden Weg. Aber das Umfeld hat man nicht immer im Griff. Warum auch. Es war eine intensive und wunderbare Arbeit, aber erst als alle Beteiligten tatsächlich begriffen hatten, daß die Geschichte immer größer ist als der Interpret und heraushängende Hemdzipfel eher hinderlich sind, will man denn unbedingt glänzen (Muß man das eigentlich?), erst dann verließ der Bandbus endgültig den Hafen und das Ding hob ab. Ich bin immer noch gerührt, erfreut und ein bisserl euphorisch. Und sonst: Rock'n'Roll, fertig. Die Kritiken und Bilder und einiges an Jubel hier. Morgen dann nach Kiel - Nachschauen und Neues! - und ab nächste Woche Freiburg.

(gießen, den 2. märz 2016) Der Sound ist gecheckt, die Genossen sind heiß und der Bandbus ist losgefahren. Ab sofort werden wir - oben v.l.n.r.: der Regisseur, der Bandleader Sascha Bendiks, der Dramaturg Gerd Muszynski und Udo Herbster, der Mann für Bühne und Kostüme - uns darauf vorbereiten, das Ding am Samstag rocken zu lassen. Hier und dort und da kündet man vom Kommenden. "I freu mi ä bissle!", wie Sascha gerne anmerkt.

(gießen, den 21. februar 2016) Seit jetzt fünf Wochen betrete ich morgens und abends die Probebühne und meist fliegt mir als erstes ein Riff um die Ohren. LAUT. Keine Klagen aus den angrenzenden Arbeitsbereichen. Auf den Fluren berichtet man eher von Genossen Mitarbeitern, die länger verweilen, lauschen und manchmal ballen sich sogar deren fünf Finger in der Hosentasche. Gewiß, es gibt auch Zimmer im Haus, in denen Zweifel und Unsicherheit nächtigen. "Die armen Ohren der treuen Kundschaft?" Man wird hören. Solange erfreue ich mich an der eng zusammenwachsenden Truppe aus Mimen und Musikanten und reise(r) - siehe oben - zurück in die eigene Vergangenheit. Ist es nicht traumhaft, wenn im Theater so mancher Mitarbeiter singend durchs Haus huscht?

(gießen, den 17. januar 2016) Bravos und Getrampel für Schauspieler und Regie und ich war massiv verstimmt. Wie Jürgen Klopp, den man geknebelt und die Arme auf den Rücken gebunden hat, stand ich hinter der Bühne und sah und hörte, wie die Premierenangst nach den Mimen griff, Bleiplatten unter ihre Schuhe und Sätze nagelte und all die hart erarbeitete Leichtigkeit im Schweren erstarb. Die Kritikerin lobte, bemängelte aber zu recht, was fehlte. Ein anderer - man mag meinen, seine Wunden in dieser Sache sind ganz frische - schlug sich auf die Seite des Jubels. Die zweite Vorstellung verließ ich in der Pause, erleichtert, wieder frohgemut. Die Mühsamkeiten waren - das sind sie nie - nicht umsonst und das Leichte zurück. Und immer wieder: den sogenannten Erfolg im Theater kann man nicht in der Tabelle ablesen. Denn es gibt sie nicht. Ab morgen der König von Deutschland.

(kiel, den 12. januar 2016) "Jeder Song von David Bowie ist ein Theaterstück!", wird Brian Eno zitiert. Letzten Samstag saß ich im Studio der Kieler Komödianten und bastelte an Tönen und Projektionen für die "Szenen einer Ehe" - das ist das Schöne und Anstrengende an dieser kleinen Theaterbude: man muß sich um jeden Kram selber kümmern - und im Hintergrund lief das eben gekaufte neue Album von Bowie. Ich hörte zu, überrascht, neugierig und dachte: auf welcher Bühne steht er diesmal, von woher weht seine Stimme und von welchem Stern wirft er heute seine Geschichten auf uns Erdlinge hinab? Seit gestern wissen wir mehr und in diesen Zeiten, in denen Menschen meines Alters wöchentlich von Gestalten verlassen werden, die das eigene Leben anregend, tröstend und sonst wie begleitet haben, schmerzt dieser Tod besonders. So wie Bob Dylan die populäre Musik von der geistigen Engmaschigkeit befreite, überwand David Bowie - spielend im hellsten Sinne des Wortes - die Profanität dieses Genre und zeigte auf, daß Rock mehr sein kann als die ermüdende Abfeiere der unendlichen Adoleszenz. "Ich weiß nicht, wie ich von hier an weitermache, aber ich verspreche, es wird nicht langweilig!", hat der Thin White Duke gesagt. In Kiel naht die Premiere. Nicht einfach die Angelegenheit, aber hoffentlich nicht: langweilig.