AKTUELLES
(gießen, den 18. mai 2018) Stand gestern abend seit langer Zeit mal wieder bei RIO auf der Seitenbühne und / oder oben beim Mischpult. Sie tun es immer noch und bald in vierter Spielzeit. Nach der Premiere im März 2016 sagte ich im Scherz zu meiner Liebsten, einer jener von mir meist sehr ernst gedachten Scherze, daß dies nun eigentlich der rechte Moment sei um aufzuhören. Denke immer noch: wäre keine schlechte Entscheidung gewesen. Doch dann packt mich wieder der Spaß an der Freud` am Schlafittchen. Und zack! So auch dieser Tage. Nach langem und ausgiebigem Hadern – ohne kann ich wohl nicht – gehe ich eben täglich gut gelaunt anne Arbeit und freue mich an den Mimen und allen anderen, mit denen ich das „Familienstück zur mittelhessischen Weihnachtszeit“… äh… Märchen versuche auf die Bühne zu setzen. „Jupp – Ein Maulwurf auf dem Weg nach oben“. So kann der andere Jupp endlich und endgültig in Rente. Arbeit Teil zwei: im Herbst eine Aufgabe, auf die ich mich sehr freue. David Foster Wallace’ „Kurze Interviews mit fiesen Männern“ in eigener Fassung im Studio. Noch mal Gießen. Premiere Anfang / Mitte November. Anschließend Freiburg, wie schon berichtet, aber noch: Psst! Vorfreude trotzdem auch da. Die ganz große Vorfreude aber: im Juni Urlaub bei den Hellenen. Unten am Zipfele.
(gießen, den 11. april 2018)
Vor fünfzig Jahren: Drei Kugeln auf Rudi Dutschke oder meine erste revolutionäre Ohrfeige.
Garfrescha, ein idyllisches Hüttendorf im Montafon, auf 1500 Meter Höhe gelegen, aus der Welt, damals nur zu Fuß erreichbar (der erste Lift da hoch wurde 1969 gebaut), doch nicht so aus der Welt gefallen, als daß auf der sonnenüberflutetenen Terasse vor der Skihütte die osterurlaubenden Skiwanderer, so auch unsere Familie, in rotkarierten Hemden und Keilhosen, mit wollenen Stirnbändern und etwas überdimensionierten Sonnenbrillen verkleidet, nicht die Ereignisse jenes Gründonnerstag zum Gesprächsthema erkoren hätten. Die Bergfrühjahrssonne, das ein oder andere Viertele plus Enziane, die schwer im Magen liegenden Kasspatzn und die generelle Empörung über das Studentenpack hatten so manches Gesicht gerötet, als einem 12 jährigen Bub, der dem Diskurs lauschend außen blaß und innen rot geworden war, eine Anmerkung aus dem Mund fiel: "Und wenn die Studenten vielleicht recht haben?" So fing ich meine erste revolutionäre Ohrfeige ein. Das von meinem leider schon verstorbenen Vater damals angewandte "Erziehungsmittel" schadete nicht, es war Ermutigung weiterhin "unangebrachte" Anmerkungen aus dem Mund fallen zu lassen und dies nicht nur im Urlaub. Womit wir bei der Arbeit sind. Die Pause hat gut getan. Seit ein paar Tagen geht es wieder weiter. Das Weihnachtsstück - geprobt wird im Mai! - hier in Gießen, dann was Literarisches im Herbst im Gießener Studio und im Winter wieder Freiburg. Soweit, so gut. Titel? Nach den offiziellen Verkündigungen. Dann fällt mir wieder eine Anmerkung aus den Tasten.
(gießen, den 28. januar 2018) Im späten Januar 1978 kostete ein Gramm schwarzer Afghane 2,50 DM (bald sollten die Sowjets die Preise verderben), in Emden lief der letzte in Deutschland zusammengeschraubte Käfer vom Band, die DDR verweigerte dem Kanzler in Lauerstellung H. Kohl die Einreise, der Spiegel titelte mit einer Reportage über den Punkrock ("Kultur aus den Slums: brutal und häßlich"), auf der Bestsellerliste des Magazins thronte der Grass'sche Butt ganz oben, die Hitparade führte an Paulchen Mc Cartney mit "Mull of Kintyre" (er sollte erst Ende März des Jahres von den Schlümpfen des Vadder A. abgelöst werden), das Wort des Jahres war die konspirative Wohnung, in Berlin kamen statt der erwarteten 3000 über 20000 Freaks und Spontis zum TUNIX - Kongreß zusammen und versuchten sich den Deutschen Herbst aus den Kleidern zu bürsten (erfolgreich muß ich sagen), der 1. FC Köln war Herbstmeister und hielt das bis zum Sommer durch trotz Heynckes gegen den BVB (Kölle blievt drinne!), das Tor des Monats schoß ein Müller (der wahre Müller krauchte auf Platz 12 rum, oh was herrliche Zeiten!), in Villingen - Schwenningen sprang Martin Schmitt in die Welt, in Konstanz trug sich Anneliese Rothenberger in das Goldene Buch der Stadt ein und oben auf dem Gießberg stand ich (damals noch als Student der Geschichte und Politik) das erstemal auf einer Bühne. Ich war Luigi (!), ein Anarchist. 40 (in Worten: vierzig) Jahre später also: Ich mache es immer noch. Ich mein: Theater. Man nennt das wohl ein rundes Bühnenjubiläum.
(gießen, den 28. dezember 2017) Standing Ovations am Ende unseres hundertzehnminütigen Weihnachts - Gig im rappelvollen taT. (Foto oben: Soundcheck ohne Klavier) Das war ein großartiger Abschluß eines rappelvollen Jahres. Kiel. Gießen. Kiel. Bielefeld. Gießen. Sovetsk. Freiburg. Gießen. Hildesheim. Gießen. Viereinhalb Inszenierungen, viereinhalb Wiederaufnahmen, ein Stückvertrag als Schauspieler, eine Reise im Rahmen eines Kulturaustauschs nach Rußland, diverse Lesungen und - Insel der Seligkeit - die Band, die dieses Jahr so richtig dabei war und weiter wächst und gedeiht. Bemerkung zur halben Inszenierung: man hatte mich davor gewarnt in einer Stadt zu arbeiten, die es nicht gibt. "Schlurp" rief das Schwarze Loch und weg war sie, die Inszenierung. Gut so. Viel gelernt. Zur halben Wiederaufnahme: in Freiburg hatte die Theaterleitung beschlossen mit neuem Humorblick auf den Loriotabend zu schauen. War ich nur halb erfreut anfangs. Ein Gott sei Dank später. Hätte sonst nicht die Zeit gehabt den "Judas" zu realisieren. Wäre ein großer Verlust gewesen. So bin ich dankbar für dieses toughe Jahr mit etlichen Höhenflügen und einigen fiesen Abstürzen. Und: sehr, sehr glücklich an meiner Seite einen Menschen zu wissen, der mich so begleitet, wie er das tut. Nichtsdestotrotz bin ich froh, daß sich das nächste Jahr erstmal entschieden ruhiger anlässt. Jetzt fahren wir für ein paar Tage an den Bodensee. La Famiglia! Allen die hier vorbeischauen wünsche ich einen Guten Rutsch und ein gesundes + friedfertiges Neues Jahr!
(gießen, den 19. dezember 2017) Geschafft! Die letzte "englische" Woche war eine große Freude in jeglicher Hinsicht. Der Auftritt mit Sascha Gutzeit im rappelvollen Ulenspiegel zu Gießen war ein anarchistischer Zwei - Stunden - Ritt, den wir vormittags in einer zweistündigen Probe zusammengeschraubt hatten. Der Rest entstand auf der Bühne. "Ironie und Wahnsinn gehen an diesem Abend Hand in Hand. Es ist ein großer Spaß." Das sprach die Presse. Gerne wieder, Herr Gutzeit! Der Freitag begann gut. Auf der Titelseite der SZ beschäftigte sich das "Das Streiflicht" anläßlich des dämlich - liberalen "Dieseljudas" mit der historischen Figur. Die Republik war also vorbereitet. Danke! Der Premierenabend dann hinterließ mich - und da war ich nicht alleine - in einem Zustand tiefer Zufriedenheit. Knappe drei Wochen und ein wunderbares Ergebnis. Dank allen Beteiligten und Sonderlob für die "Textmaschine" Pascal. Die Kritiken kann man hier nachlesen und - etwas gekürzt - auf dieser Seite. Am Samstag dann hat die Band mit dem unermüdlichen Christian Keul, der seit Ende September an meiner Seite komponierte, orgelte und rockte, das taT bestens unterhalten. Wir werden es wieder tun. Ihr Kinderlein kommet!