KRITIKEN

DÃDALUS KAM NUR BIS PANAMA

Hier die Mitwirkenden.
Foto: Nicole Schneider / Endre Holèczy.

"Der einstige LTT-Mime Lugerth hat sein Stück. mit dem er den vergangenen Dramatikerwettbewerb am Zimmertheater gewonnen hat, eine "Farce von Gier und Verlust" untertitelt. Die Geldgier auf der einen Seite wird dem Schwindler und seiner Frau schließlich zum Verhängnis. Der Verlust bleibt wiederum in der Familie: bei den Söhnen, die recht unterschiedlich die. väterliche Leerstelle betrauern, kindlich trotzig der eine, halbstark rebellisch der andere. Und bei der Mutter, die an dem Doppelspiel zunehmend verzweifelt und zerbricht. Lugerths Sieg unter 170 Wetthewerbern bedeutete nicht nur einen Scheck über 1000 Euro, der ihm am Samstag im Zimmertheater symbolisch überreicht wurde. Es waren außerdem ein paar Alt-LTTler wie Klaus CofaIka-Adami, Hubert Harzer und Kathrin Becker gekommen, um sich das Stück des Kollegen in der siebzigminütigen Tübinger Uraufführungs-Version anzugucken. Denn das ist der vielleicht sogar wichtigere und wertvollere Teil der Theaterpreis-Vereinbarung: Dass der Autor nicht nur prämiert, sondern eben auch gespielt wird. (..) Auf der kleineren Zimmertheater-Bühne zur Neckarseite hin entdeckt Regisseur Frank Siebenschuh in Lugerths routiniert auf Bühneneffekt getrimmter Groteske die leichenblass bittere Parabel vom familiären Zerfall. Das klappt sogar. (..) Es sei "wie eine böse Karikatur", sagt die Mutter zwischendurch: So lässt sich auch Siebenschuhs lnszenierung beschreiben. Sie hat aber auch einiges vom absurden Theater, von Becketts ewigem (und immer besserem) Scheitern. Und so verspricht der Vater am Ende: "Es geht weiter. Immer weiter." Sein Vorbild im wahren Leben, der wirkliche "Kanu-Mann", der sich fünf Jahre lang verborgen hielt, um dann sechs Jahre dafür einzusitzen, bastelte im Knast übrigens Kanus. Aus Streichhölzern." (Schwäbisches Tagblatt)

"Jetzt hat das Zimmertheater »Dädalus kam nur bis Panama« auf seinen Spielplan gesetzt. Regie führt Frank Siebenschuh. Er hat eine Art Bühnen-Comic daraus gemacht. Die einzelnen Figuren sind überzeichnet. Sie bewegen sich wie zu Stummfilmzeiten über die Bühne. Dazu passt auch, dass Kulisse und Kleidung schwarz-weiß-grau sind. (..) Die ganze Familie leidet unter dem Betrug des Vaters. Der ältere Sohn wird zum Alkoholiker, der jüngere ist ein zitterndes Nervenbündel und wird endgültig zum Psycho, als sein Vater für tot erklärt werden soll. Sie wissen beide nichts vom Betrug. Die Ehefrau erträgt das Leben nur schwer, weil sie als Einzige das Lügengebilde nach außen hin aufrechterhalten muss. In das Stück hat Lugerth dann noch einige schräge Figuren eingebaut, die auf unterschiedliche Weise das schlechte Gewissen und die Zerrissenheit darstellen. Da ist einmal der Pfarrer, der auf die Sünde des Betrugs verweist. Da ist der angebliche Verehrer der Ehefrau und da ist natürlich auch der Versicherungsspion, der immer hinter Betrügern her ist. (..) Bunt wird es erst, wenn der Kommerz Einzug hält und das lustvolle Leben in Panama auf der Bühne erscheint. Dann schleppt die Mutter die bunten Einkaufstüten heran und sonnt sich im grell-orangefarbenen Bademantel. Und der »Kanu-Mann« steckt sich eine dicke Zigarre in den Mund und genießt in Hawaiihemd und Bermudashorts das Leben im fernen Panama. (..) Man braucht einige Zeit, bis man sich an die Ãœberzeichnung der Hauptfiguren gewöhnt hat. Doch dann funktioniert die Inszenierung sehr gut. Sie ist kompakt, witzig, ironisch und gekonnt schräg. (..) Die Uraufführung erhielt vom Publikum zurecht viel Beifall." (Reutlinger Generalanzeiger)

"Am Zimmertheater feierte nun der Gewinner des "Krisenzimmer"-Stückewettbewerbs Uraufführung: "Dädalus kam nur bis Panama" von Christian Lugerth als Grau-in-Grau-Kaputtnik-Kasperletheater. Es geht um Selbstüberschätzung und Größenwahn, um das Verlangen nach Geld, Glück und ein klein wenig Sonne in einer Welt, die uns eindeutig etwas schuldig geblieben ist. Die siebenköpfige "Krisenzimmer"-Jury hat Christian Lugerths Stück aus 158 Einsendungen ausgewählt, die sich mit dem Thema "Krise" auseinander setzen sollten. Und in der Tat: Bei Familie Dädalus handelt es sich um eine einzige Krise. Ihre Geschichte beruht auf einem "realen" Fall. bei dem ein Familienvater seinen eigenen Tod vortäuschte, um die Versicherungssumme zu kassieren und ein neues Lehen in Obersee zu beginnen. Auch in "Dädalus" versucht sich der Vater als seines eigenes Glückes Schmied, gibt sich nach einer Kanufahrt übers Meer verschollen und versteckt sich im Dachboden seines Hauses. Nur seine Frau ist eingeweiht, die beiden Söhne sind ahnungslos und in ihrer Trauer völlig überfordert mit der Situation. Vielleicht weil der Plan - vor allem, was das familiäre Klima anbelangt - so dermaßen schäbig ist, dass man ihn wohl nicht erzählen kann, ohne große Betroffenheit auszulösen, hat sich der Autor filr das Genre "Farce" entschieden. Und Regisseur Frank Siebenschuh legt bel der Uraufführung noch eine Schippe drauf und bringt das Ganze als eine Art Kasperletheater bei Kaputtniks auf die Bühne. (..) Insgesamt erzählt "Dädalus kam nur bis Panama" also noch einmal das altbekannte "Hochmut kommt vor dem Fall"-Drama inklusive der "Wer spielt hier wem was vor?"-Komödie. Aber immerhin auf sehr abgründige Weise." (Reutlinger Nachrichten)

"Abgesehen davon ist das Stück wirklich unterhaltsam und vom fünfköpfigen Ensemble des Zimmertheaters sehr überzeugend dargeboten. (..) Eine wahre Geschichte, die Christian Lugerth in eine stark reduzierte und doch kunstvolle Sprache verpackt hat. Das Stück ist also alles in allem eine possierliche schwarze Komödie aus dem Kleinkriminellen-Milieu. Vielleicht sogar ein Spekulationsdrama, wie es bei der Dädalus-Investment-Holding in Panama stattfinden könnte. (..)" (SWR 2)

ENTEN VARIATIONEN

"Ein Glanzstück zum 50-jährigen Bühnenjubiläum von Rainer Domke. Wer ein Fan des bewährten Gießener Schauspielers ist, sollte sich dieses Kammerstück im TiL keinesfalls entgehen lassen. Der perfekte Partner in dem Zwei-Personenstück ist Harald Pfeiffer. Da sich ChristianLugerth (Inszenierung) und Bernhard Niechotz (Bühne und Kostüme) allerhand hübsche Details haben einfallen lassen, belohnte das Premieren-Publikum alle Beteiligten zum Schluss mit einem Riesenapplaus. (...) Als „sehr einfach“ hat der amerikanische Autor sein Stück „The Duck Variations“ bezeichnet, als er es 1972 als damals gerade 25-jähriger Newcomer auf die Bühne brachte. Doch so einfach ist das Werk natürlich nicht, dazu sind die Dialoge zu tiefgründig und treffsicher, die Personen zu charakteristisch.(...) Bei allen 14 Szenen ist der Zuschauer sich nicht sicher: Wo spielt die Geschichte überhaupt. Ist der Treffpunkt gar nicht im Park, sondern in einem Wohnzimmer? Sofa, Lampe, Perserteppich und Fernseher deuten darauf hin. Vielleicht gar in einem Altenheim? Doch da ist andrerseits das Schilf, ein Abfalleimer, und die Enten tauchen zum Schluss immerhin im Fernseher auf. Im Grunde ist das aber auch nicht wichtig, jeder Zuschauer darf sich sein eigenes Bild machen. Wichtig sind die Dialoge und die beiden ausgezeichneten Schauspieler. Regie und Bühnenbild haben noch das ihre dazu beigetragen, die Szenen abwechslungsreich zu gestalten. (...) Und zum Schluss keinesfalls zu vergessen die dezente Pausenmusik von Christian Keul, in Insiderkreisen in Gießen längst bekannt als Mitglied der Gruppe „Captain Overdrive“. Klavier und Bass im jazzigen Lounge-Stil. Das wäre doch eigentlich auch für das heimische Wohnzimmer etwas besonders Feines oder auch, per Ohrknopf, für eine Parkbank im Schilf. (Gießener Anzeiger)

"..ein Puzzle aus vielen kleinen Szenen, das Christian Lugerth jetzt auf der TiL-Studiobühne schwungvoll in Szene gesetzt hat. (...) Christian Keul hat für die musikalische Ãœberleitung der einzelnen Splitter gesorgt, die angenehm leicht wie der Text als Barmusik am Piano daherkommt. Eine kurzweilige Plauderstunde zum unangestrengten Zeitvertreib."  (Gießener Allgemeine)

DIE FETTEN JAHRE SIND VORBEI

"In der Rolle des Klassenfeindes, der sich zum Erstaunen seiner Entführer als Alt-68er entpuppt, lässt Christian Lugerth die Jungen alt aussehen. Hier zeigt sich ganz der Bühnenroutinier, der dem anfänglich gönnerhaften Topmanager interessante Facetten abzugewinnen versteht und wenigstens ein wenig Witz aufblitzen lässt. Gerade im ideologischen Aufeinanderprallen von Einst und Jetzt, gerade da, wo sich die aufmüpfigene Jungen über den in SDS-Erinnerungen Schwelgenden lustig machen könnten, lockt Lugerth seine Gegenspieler mit kleinen Seitenhieben aus der Reserve." (Gießener Anzeiger)

"Christian Lugerth gibt dem entführten Hardenberg einen überraschend amüsanten Gleichmut. Immer wieder bringt er die Zuschauer mit seinem spießigen Pseudo-Rebellentum zum Lachen und sorgt für die witzigen Momente im ansonsten ernsten und sehr eindringlichen Stück. Als er sich erstmal gesammelt hat, findet Hardenberg sich schnell zurecht und tanzt seinen Entführern schon beinahe auf der Nase herum." (Gießener Allgemeine)

"Christian Lugerth als staubtrockener und witziger Ex-68er." (Wetzlarer Neue Zeitung)

DIE 39 STUFEN

"Das Publikum kommt aus dem Kichern nicht mehr heraus (..) Nein, dramatische Spannung, Grusel gar sind nicht die Themen an diesem Abend. Zwar lieferte "Suspense"-Meister Alfred Hitchcock mit seinem 1935 gedrehten Thriller "Die 39 Stufen" die Vorlage, aus der Patrick Barlow eine 2006 in London uraufgeführte Kriminalkomödie fürs Theater machte. Bei Christian Lugerth wird daraus in seiner ersten Regiearbeit am Wallgraben eine episodenhaft erzählte Farce – mit Elementen aus (Film)Komödie, Klamotte und Comic. Schon Hitchcock hatte für seinen Film weitgehend auf realistische Bezüge verzichtet und dafür auf Tempo, Verwicklungen und häufig wechselnde Schauplätze gesetzt. Die hanebüchene Spionagegeschichte, in der ein ganz normaler Bürger aus heiterem Himmel eine Agentin bei sich aufnimmt, diese kurz darauf in seiner Wohnung ermordet auffindet, daraufhin nach Schottland reist, um einen ausländischen Geheimbund daran zu hindern, ganz Großbritannien in Gefahr zu bringen, wird in Freiburg zur lupenreinen Comedy.  Und warum nicht? Wer ein Schauspielteam dieser Güte verpflichten kann, der muss sich keine Sorgen machen. Mit Sybille Denker, Markus Bölling, Ives Pancera und Burkhard Wein sind nur vier Darsteller auf der Bühne – doch sie schlüpfen dort in mehr als 30 Rollen! Vor allem Pancera und Wein wechseln die Figuren in solch rasender Geschwindigkeit und mit solcher Präzision, dass man nur staunen kann. Ein neuer Hut, ein anderer Mantel – und schon wird aus dem Zeitungsjungen der Professor, aus dem Trenchcoat-Agenten die in blauen Samt gekleidete Mrs. Jordan (Kostüme: Franzy Deutscher). Dass das Ganze durch feine Schauspielkunst mit punktgenau passenden Gesten, Mimik und angepasster Stimmlage ergänzt wird, gefällt den Zuschauern und ist von Lugerth auch weitgehend gut komponiert. (..) Die Premiere von "39 Stufen" gerät zu einem unterhaltsamen zweistündigen Theaterabend, von dem vor allem die überzeugende Ensembleleistung im Gedächtnis bleibt." (Badische Zeitung)

"Mit gerade einmal vier Darstellern ist die Kriminalkomödie "39 Stufen" besetzt. Markus Bölling, Sybille Denker, Yves Pancera und Burkhard Wein wechseln nicht nur unermüdlich Rollen und Kostüm, sie agieren auch gegen jeden Illusionismus. Aus einer schmiedeeisernen Garderobe wird unversehens das Fenster eines Zugabteils, hinter dem auf dem Gleis die Polizei nach Hannay fahndet, der mittlerweile wegen Mordes gesucht wird. Und als Geräuschemacher tritt das Ensemble auch noch hervor. Geht es durch das schottische Hochmoor, wird eine Zinkwanne das Moor. Christian Lugerth geht bei seiner Inszenierung bis zur Parodie des Genres, er setzt auf Slapstick, so daß aus dem Agententhriller eine Art Räuberpistole mit Seitenhieben auf Hitchcocks Filme wird (...) und verleiht dem Abend viel Witz und Charme.(Kulturjoker Freiburg)

KLEINE EHEVERBRECHEN

"Zuerst ist da eine zufällige Begegnung, ein Innehalten und Beäugen im Vorübergehen. Der Augenblick eines möglichen Anfangs. Aber kaum, daß hier romantische Gefühle aufkämen, aus dem Blick ein Flirt würde, kippt die Stimmung. Die Blicke verhärten sich, das beiläufige Interesse verdichtet sich zur Lauerstellung, der Schlendergang zur Beschattung. Der Anfang schon das Ende? Mit dieser stummen Szene bringt Regisseur Christian Lugerth das Doppelspiel fein auf den Punkt, das Eric-Emmanuel Schmitt in Kleine Eheverbrechen treibt. (...) Den Grundton setzt Christian Lugerth dabei eher Leonard-Cohen-melancholisch als komisch. Und Anke Pfletschinger und Christian Enner balancieren mit Lust und taumelnden Gefühlen auf dem wackligen Grat zwischen Nähe und Ferne, zwischen Anfang und Ende der Liebe. (...)  Es funkt und friert zwischen den beiden, und manchmal irrlichtert zwischen ihnen auch nur der Nachhall einer nach 15 Jahren längst ausgewrungenen Beziehung. (...) Der Abend fließt so nachdenklich wie leichtherzig durch die fortwährenden Perspektivenwechsel zwischen Scheitern und Neubeginn. Ein Beziehungsspiel in geschmeidiger Wellenbewegung."  (Kieler Nachrichten)