KRITIKEN

ERKLÃRT PEREIRA

"Er ist wieder da, und das Publikum hat ihn wieder lieb. Als sich Harald Schneider, der Gießen 2005 (2004, lieber Kritikant, 2004 war es! Der Säzzer!) verlassen hat und nun für die Titelrolle des Stücks „Erklärt Pereira“ von Antonio Tabucchi (1943 bis 2012) zurückgekehrt ist, am Donnerstagabend nach fast anderthalbstündiger Aufführung verneigte, schwoll der Schlussapplaus hörbar an. Dazu ertönten im vollbesetzten taT-Theater die ersten Bravorufe. Doch nicht nur Schneider, sondern alle anderen an dieser Schauspielproduktion Beteiligten haben den starken Beifall verdient: Gleich zur Eröffnung wird nämlich famoses Theater auf der neuen Studiobühne geboten.
„Erklärt Pereira“ (in der Theaterfassung von Didier Bezace) ist ein von leisen Tönen getragenes Stück über Tod und Leben, über Widerstand gegen Unterdrückung und Zensur. Mit Geschmack und feinem Gespür für Atmosphärisches und Stimmungen macht Regisseur Christian Lugerth daraus einen Theaterabend voller Poesie, Wehmut und Musik. Die leicht wehmütige Stimmung kommt dabei nicht von ungefähr, denn das Stück spielt in Portugal, genauer gesagt: im faschistischen Lissabon des Jahres 1938.
Die Bühne von Lukas Noll zeigt eine lange Bar mit Barkeeper, Flaschen und einem großen Spiegel an der Wand; davor ein Haufen durcheinanderliegender Caféhausstühle. Weiter vorne ein Tischchen mit schlichtem Stuhl, Telefon und Aktentasche – das ist die kümmerliche Redaktion des alternden Kulturredakteurs Dr. Pereira, der mit Politik nichts im Sinn hat und doch darin verwickelt wird. Das Publikum sitzt an drei Seiten drum herum und sieht, wie der von Schneider verkörperte Pereira so ganz nebenbei, aber immer stärker in den gefährlichen Strudel der politischen Verhältnisse gezogen wird. Beinahe unfreiwillig wird er zu einer Art Widerständler. Schneider, mit Weste, Krawatte, Hut und Nickelbrille nach der Mode der 30er Jahre gekleidet, spielt den müden, kränkelnden und zurückgezogen lebenden Journalisten als einen aus der Zeit gefallenen Mann, der für Balzac und die französische Kultur des 19. Jahrhunderts schwärmt, aber nicht wahrhaben will, was vor seiner eigenen Haustüre geschieht. Mit den großen, weit aufgerissenen Augen eines staunenden Kindes geht er durchs Leben, als könne er nicht glauben, was er sieht und was ihm geschieht. Als eindringlicher Darsteller, der über vielerlei Nuancen verfügt, weiß Schneider ganz genau, wie er in der intimen Nähe zum Publikum Sympathie für diese widersprüchliche Figur weckt.
Die intensive Darstellung Schneiders wird von Rainer Hustedt als Erzähler in einen epischen Zusammenhang gebracht, in dem die ständigen Hinweise im Text, „erklärt Pereira“, einen Sinn erhalten. Hustedt stellt in dieser Inszenierung erneut seine große Wandlungsfähigkeit unter Beweis, denn er schlüpft in rascher Folge in die unterschiedlichsten Rollen. Eben noch zankt er als herrische Portiersfrau Celeste mit Pereira, um gleich darauf als lässiger Freund Silva alle seine Bedenken zu zerstreuen und ihn letztlich als tyrannischer Zeitungsherausgeber und Gefolgsmann des Regimes unter Druck zu setzen.
Pascal Thomas stellt den jungen Widerstandskämpfer Monteiro Rossi glaubhaft in seinem Eifer und jugendlichen Ãœberschwang dar, und Anne Berg gibt als dessen Freundin Marta eine schöne Vorstellung. Wenn sie in ihrem hübschen, gepunkteten Sommerkleid mit Pereira zu einem melancholischen Fado tanzt, ist das ein berührender Moment. Portugalfans sollten den Abend nicht versäumen."
(Gießener Anzeiger)

"»Nun, was soll’s« beendet der Lissabonner Kulturjournalist Pereira stets seine Monologe, wenn er wieder dem Bildnis seiner verstorbenen Frau von seinen Alltagserlebnissen erzählt. Die politischen Unruhen in seinem Land unter der Salazar-Diktatur will er nicht wahrhaben und den Europa überrollenden Faschismus ebenso wenig. Er vergräbt sich stattdessen in seinem Redaktionskämmerchen, wo er die Kulturseite der katholisch orientierten Wochenzeitung mit feuilletonistischen Artikeln füllt. Erst als er den jungen Monteiro Rossi und dessen idealistische Freundin Marta kennenlernt, verändert sich Pereiras Blick – und er erkennt die Notwendigkeit eines politischen Bewusstseins und Handelns, auch wenn es sich am Ende nur in ein paar »individualanarchistischen« Zeilen in der Zeitung ausdrückt.
Christian Lugerth, der schon die ehemalige Studiobühne im Löbershof sowohl als Schauspieler als auch als Regisseur mannigfaltig bespielt hat, wurde die Aufgabe übertragen, die neue taT-Studiobühne am Berliner Platz mit »Erklärt Pereira« nach dem 1995 publizierten Welterfolg des Italieners Antonio Tabucchi (Bühnenfassung: Didier Bezace) einzuweihen. Bühne und Kostüme hat Lukas Noll entworfen. Entstanden ist eine sehr dichte Inszenierung, die dem ruhigen Erzählduktus der Romanvorlage mehr als gerecht wird und den fast schon intimen Charakter der neuen Spielstätte würdigt. Die Zuschauer sitzen quasi mit Pereira an seiner Schreibmaschine oder in der Bar, in der er sich mit einer zuckersüßen Zitronenlimonade zu trösten versucht, weil er die Welt, in der er lebt, nicht mehr versteht. Ein verspiegelter Tresen im Hintergrund, ein paar Stühle, eine Anrichte mit dem Bildnis von Pereiras Frau, ein bisschen Fado-Musik und ein Holzkasten, in dem die Pförtnerin sitzt, die Pereira dem Anschein nach von Staats wegen kontrollieren soll, – mehr braucht es nicht, um das Publikum mitten hinein in die dunkle Vergangenheit Portugals im Jahre 1938 zu schicken.
Harald Schneider, der hiermit als Gast an seine ehemalige Wirkungsstätte am Gießener Stadttheater zurückkehrt, spielt den alternden Feuilletonisten Pereira mit großer Eindringlichkeit und zarten Gesten. Er schafft es, dass man den schmächtigen Mann im Anzug und ohne dass wir wenigstens seinen Vornamen kennen, von Anfang an mag – obwohl er feige und verschroben ist und sich mehr für den Tod als für das Leben um ihn herum interessiert. Er wirkt zerbrechlich und voller Reue und Melancholie darüber, dass sein Leben nicht so verlaufen ist, wie er es sich vielleicht als junger Mann gewünscht hatte. Doch als Salazars Schergen den revolutionären Rossi in Pereiras Wohnung erschlagen, da beweist dieser kleine Mann großen Mut in seiner »Zeugenaussage«, wie die Romanvorlage im Untertitel formuliert.
Monteiro Rossi (und auch den Arzt Dr. Cardoso) spielt Pascal Thomas mit dem erforderlichen jugendlichen Elan. Dieser junge Doktorand, dessen von Pereira in Auftrag gegebene Nachrufe auf bekannte Dichter zur Abrechnung mit den faschistischen Gedankenträgern werden, folgt eher seinem Herzen als dem Verstand. Er ist zwar ein bisschen blauäugig, hat aber den nötigen Idealismus, den seine Freundin Marta (charmant und selbstbewusst: Anne Berg) im Gespräch mit Pereira fordert. Rainer Hustedt schließlich obliegt es, den den Roman mit seinen Formulierungen »..., erklärt Pereira« so prägenden Erzähler auf die Bühne zu transformieren. Ein durchaus gelungener Kunstgriff. Auch als Pförtnerin Celeste, als philosophierender Freund Silva und als obrigkeitstreuer Zeitungsherausgeber ist Hustedt im Einsatz. Kleinere Auftritte hat auch Alexander Reich, der als Barkeeper Manuel und Rossis Partisanen-»Cousin« Bruno mitwirkt."
(GIeßener Allgemeine)

AM SCHWARZEN SEE

"Seen sind nicht schwarz. Doch dieser hier, dessen Wellen an die Rückwand des Freiburger Wallgraben-Theaters projiziert werden, ist es. Muss es sein. Denn er birgt eine Tragödie. In Dea Lohers Stück "Am Schwarzen See" ist diese Tragödie das schwarze Loch, um das vier Figuren herumstehen, ratlos, hilflos, wütend, verzweifelt, fatalistisch. Zwei Ehepaare in den besten Jahren, wie es heißt. Johnny und Else, die es bis in die Stadt geschafft haben, Eddie und Cleo, Besitzer einer Brauerei auf dem Land am See. Da stehen sie auf der bis auf einige Stühle und zwei mit Bierkästen gestützte Tische leergeräumten Kellerbühne: Michael Schmitters standesgemäß mit Hemd und Krawatte ausgestatteter Bankfilialenchef und Regine Effingers herzkranke, aber gleichwohl herrische Gattin Else, stehen da für Sekunden wie eingefroren zwischen den Freunden von früher: Sybille Denkers pragmatisch zupackender Cleo, die mit beiden Beinen fest auf dem Boden steht, und Peter Haug-Lamersdorfers leichtmütigem Eddie, einem fürs Geschäft und die bürgerliche Besitzstandswahrung nicht zu gebrauchendem Sonnyboy.

Es wird in den folgenden 80 Minuten um den Versuch einer Vergangenheitsumkreisung gehen; von Bewältigung kann keine Rede sein, denn so etwas lässt sich nicht bewältigen. Deshalb lässt Dea Loher, Jahrgang 1964, eine der profiliertesten Gegenwartsdramatikerinnen, die Sprache ihrer Figuren immer wieder ins Stocken geraten, fast zerbröseln; sie müssen sich immer wieder zwingen, weiterzureden – weswegen der Text durchschossen ist mit den Szenenanweisungen "Schweigen" und "Pause". Der Regisseur Christian Lugerth füllt dieses Netz von Leerstellen mit dem Klicken eines Diaprojektors aus: Als ob immer wieder ein neues Erinnerungsfoto eingeschoben würde in die lastende Zeitlosigkeit, in der die vier bei ihrer Wiederbegegnung nach vier Jahren eintauchen. Und immer wieder postieren sie sich neu zu Stills, die man früher lebende Bilder nannte: die Paare, ehelich und überkreuz, die Männer, die Frauen, zu zweit, zu dritt, zu viert: Als ob sie immer neue Anläufe nähmen, das Unerklärliche doch noch in den Griff zu bekommen.

Das Unerklärliche trägt zwei Namen: Nina und Fritz, die Namen der Kinder beider Paare. Auch Nina und Fritz waren ein Paar, jung, sehr jung, verliebt, glücklich. So schien es. Doch eines Tages brachen sie die Glasplatte von Cleos und Eddies Wohnzimmertisch entzwei: Vorzeichen für einen Liebestod auf und in dem See.

Auf das Warum findet niemand der Zurückgebliebenen eine Antwort. "Das hier ist nicht schön": So lautet, ein letzter Satz, die Botschaft. Hat das ganze Gewese auf Erden überhaupt einen Sinn? Das Streben und Mühen um einen Platz an der Sonne, wenn es doch eines Tages unweigerlich dunkel wird? Das kann man schon mal fragen. Man kann sich auch fragen, wie es die verwaisten Elternpaare tun, ob man in seinem eigenen Leben alles richtig gemacht hat: Beruf, Wohnort, Partnerwahl, das ganze Programm.

Da bricht sie aus dem famosen Michael Schmitter heraus, die Sehnsucht nach einem "richtigen Fick", da verrennt sich Regine Effinger in eine sinnlos bohrende Deutung des Abschiedssatzes; da verliert sich Sibylle Denker in ein Was-wäre-gewesen-wenn – wenn sie den Mut aufgebracht hätte, ihren Mann zu verlassen, hätte sie ihrem Sohn zeigen können, wie es ist, sein Leben in die Hand zu nehmen; da verfällt Peter Haug-Lamersdorf in einen sarkastischen Vergänglichkeitsblues. Und sie machen das gut, sie machen es packend, diese Vier, die schon häufiger miteinander auf der Bühne standen. Sie erzeugen jene dichte Kammerspielatmosphäre, für die das Wallgraben-Theater bekannt ist – und eben nicht nur für Boulevard und Loriot. Man kann die Theatermacher nur ermutigen, sich weiterhin der Gegenwartsdramatik anzunehmen: Es ist eine Bereicherung für die regionale Theaterszene."
(Bettina Schulte / Badische Zeitung)

"(...) Nun hat sich das Freiburger Wallgrabentheater des schweren Stoffes angenommen. Und brilliert mit einem aufwühlenden Theaterabend, der lange im Gedächtnis bleiben wird. (...) Die Schauspieler dosieren die Emotionalität ihrer Figuren sehr genau. Das Drama bleibt manches Mal mitten im Satz stecken, verstummt, verstört. (...) Regisseur Christian Lugerth inszeniert den Abend atmospärisch dicht und streng analytisch. Zwischen den insgesamt 33 Szenen ertönt ein Geräusch, ähnlich dem Klicken eines Diaprojektors. Und die Personen stellen sich neu auf, um ein anderes BIld in Erinnerung zu rufen. Dazu ertönt ein langgezogener Summton, der an die Null - Linie eines Krankenhaus - Monitors denken lässt. Der Tod der Kinder wird so immer unbewusst ins Gedächtnis gerufen. Das ist großes Theater auf kleinstem Raum, schnörkellos, fokussiert, bewegend. (...)
(kultur joker Freiburg)
 
"(...) Das Wallgrabentheater beeindruckt mit einem aufwühlenden Theaterabend und exzellenten Schauspielern. (...) Am Ende kommen die Vier wie zu Beginn zusammen, um sich gemeinsam an den Moment zu erinnern, als sie die toten Kinder gefunden haben. Die Erinnerung wird zum Aufschrei, der dann doch noch mit einem Hauch von Trost umgeben wird. Langer Beifall für einen großartigen Theaterabend."
(fipps Freiburg)

ANOTHER SIDE OF TRUE DYLAN

"Auf die Suche nach dem 'wahren' Bob Dylan macht sich derzeit das von Christian Lugerth im TiL inszenierte Stück "True Dylan" von Sam Shepard. Was hier allen, die keine Insider sind, verschlossen blieb, wurde in der Late - Night am Samstag spür- und vor allem hörbar. Alles, was von dem kleinen Stück, das Shepard nach einer Begegnung mit Dylan in den 70er Jahren schrieb, zu erwarten und vieles was zu erhoffen war, kam nun zur Geltung. Allem voran die unvergleichliche Musik, mit der Dylan eine ganze Generation von Musikern in den 60er und 70er Jahren prägte.
Eine Warnung schickt Lugerth voraus: Fans sind gefährlich! Mit der geschickten Auswahl von Texten über und von Bob Dylan, die auch kritische Seiten nicht ausblenden, macht er es nicht nur für Fans möglich, Lebensgefühl und Lebenseinstellung der amerikanischen Musikerlegende nachzuempfinden. In den gelungenen Kulissen des Theaterstücks, zwischen einer alten Zapfsäule und einem einsamen Kaktus, steht Lugerth in Jeans und rot - schwarz - gestreiften Cowboystiefeln. Mit der Gitarre und Mundharmonika um den Hals gelingt ihm, woran es dem Stück mangelt.
Die eigenen Ängste und Träume, das Sich - Verlieren und Wiederfinden, Menschlichkeit und Gerechtigkeitssinn, hörte zum Beispiel Elke Heidenreich, wie so viele andere, in Dylans Musik. An ihm schieden sich die Geister, wie der Journalist Helmut Salzinger zum Beispiel 1971 die Stimmen der Kritiker zusammenfasste: Dylan könne weder Gitarre noch Klavier spielen, nicht texten, habe die Countrymusik verraten, sei nach seinem Motorradunfall nie wieder der Alte geworden und 'seine Lederjacke stinke'. So fügen sich die Mosaikstücke des Stückes im nachhinein zu einem Ganzen zusammen.
Und endlich gibt es ihn auch zu hören: Lugerth nuschelt, krächzt und jault wie Dylan. Mit Unterstützung von Simone Grundhöfer an der Geige, Volker Seidler am Schlagzeug und Philipp Lampert am Bass gelingt das Eintauchen in die Musik von Dylan. Teile der Liedtexte liest Lugerth vorab: ' Fragt mich nichts über nichts, ich könnte Euch die Wahrheit erzählen." Viel zu schnell war diese einstündige Zeitreise zu Ende."
(Gießener Allgemeine)

"(...) Im Anschluß an das von ihm inszenierte Theaterstück 'True Dylan', lud Christian Lugerth am späten Samstagabend zu Texten und Musik unter dem Motto "Another Side of True Dylan" und outete sich dabei als profunder Kenner des Schaffens von Robert Allen Zimmermann. Von Klassikern wie 'It's allright,Ma', 'Tangled up in Blue' oder 'All along the Watchtower' bis hin zu eher selten gehörten Songs wie 'Everything is Broken', 'Silvio' oder 'Outlaw Blues' spannte Lugerth den Bogen. Der in Gießen lebende Schauspieler, Regisseur und Bühnenauor balancierte mit der Gitarre in der Hand ohne Netz und doppelten Boden zwischen fast perfekter Imitation und aufregenden Neuinterpretationen hin und her. Er kaute und quetschte die Silben mit näselnder Stimme als stünde der Meister selbst hinter dem Micro in der muffigen Studiobühne. Tatkräftig unterstützt wurde Lugerth dabei von der Band 'Lahn - Dylan - Kreis' (Volker Seidler am Schlagzeug und Philipp Lampert am Bass). (...) Bei 'Knockin' on Heavens Door', das Lugerth als 'Guns'n'Roses' - Song ankündigte und in der Version der 'Hard To Handle' - Tour mit Tom Petty darbot, durften schließlich alle mitsingen. Das Publikum dankte es ihm mit tosendem Applaus. Mit einem ergreifend melancholischen 'Just like a Woman' verabschiedete sich Christian Lugerth in die Nacht."
(MAZ)

DIE WEIHNACHTSGANS AUGUSTE

"(...) Hier ist Euer Radio Elefantenklo, eine aktuelle Ansage: "Im Seltersweg ist kein Durchkommen mehr, Zufahrten durch Baustellen behindert." Chris und Lukas geben aus dem Off stets die neuesten Nachrichten durch. So wissen die kleinen und großen Zuschauer im Stadttheater, was sich in Gießen so abspielt in der Zeit zwischen Nikolaustag und dem Vorabend des Christfests. Das neue Weihnachtsmärchen spielt nämlich hier, in der schönsten Stadt Mittelhessens. Ein reizendes naturalistisches Bühnenbild mit entsprechender, variabler Kulisse auf der Drehbühne rahmt das Geschehen in der Familie von Opernsänger Luitpold und Lehrerin Gerlinde Löwenhaupt mit ihren Kindern Lohengrin und Isolde, alias Lolo und Isy. Herr Löwenhaupt hat eine Biogans gekauft, die zu Weihnachten geschlachtet werden soll. Aber es kommt ganz anders...(...) Das Stück von Peter Ensikat nach Friedrich Wolf erzählt chronologisch mit Witz, fröhlichen Gags und musikalischen Einlagen vom Familienalltag, den eine Gans namens Auguste gehörig durcheinanderbringt. Denn es ist keine gewöhnliche Gans; sie quakt und schnattert nicht nur, sondern spricht auch. (...) Wer einmal ihre Sätze mit dem speziellem Gänseakzent verstanden hat, der schließt sie ins Herz. Auguste wird Haustier, wird im Stadtpark ausgeführt, kriegt von Onkel Theo Extrakörner. Gefragt, was sie so macht den ganzen Tag, antwortet sie: »Fressen, Schnattern, Fressen« – so beginnt eine enge Freundschaft zwischen dem Federvieh und den Kindern. (...) Die gängigen Generationen-Verhaltensmuster werden mit Temperament auf die Schippe genommen. (...) Eine prächtige Weihnachtsgans gibt Sebastian Songin ab, ein bildschön ausstaffierter Flattermann, der auch gerupft in farbenfroher Tunika eine bühnenpräsente Augenweide ist. (...) Christian Lugerth brachte »Die Weihnachtsgans Auguste« als Stück über Freundschaft, Geschwisterzusammenhalt und nebenbei auch Umweltbewusstsein auf die Bühne von Lukas Noll. Geschickt sind Reimlieder von »Hänschen-Klein« bis »Alle meine Entchen« mit handlungsbezogenen Texten unterlegt, und wenn zum guten Schluss alle Mitwirkenden einen zündend poppigen Musikauftritt hinlegen, sind die Zuschauer garantiert entzückt. So war es auch am Premierenmorgen.(...)"
(Gießener Allgemeine)


"Eine Stimme aus dem Off bringt die vielen kleinen Besucher, die das Stadttheater bis hinauf in den 2. Rang füllen, Punkt 10 Uhr zur Ruhe: „Hier meldet sich wieder euer Radio Elefantenklo“. Moderator Lukas Silber und sein Kollege melden Staus, Baustellen und Umleitungen rund um Gießen. Es wird schnell klar: „Die Weihnachtsgans Auguste“ ist ein Stück mit viel Lokalkolorit. Ausgeheckt haben den Weihnachtsspaß Regisseur Christian Lugerth und Bühnenbildner Lukas Noll, die auch in der Vergangenheit immer wieder für gutes Theater sorgten. (...) Ob groß oder klein, alle hatten gestern bei der Premiere ihre Freude an der turbulenten Geschichte rund um die Familie Löwenhaupt und ihre Weihnachtsgans Auguste. Und alle Besucher ließen sich verzaubern von dem wunderschönen Bühnenbild, auf dem die bekannten Gießener Sehenswürdigkeiten in einer Panoramaschau vereinigt sind: Stadttheater, Dino, Neues Schloss, drei Schwätzer und der Schiffenberg. Und zur Winterzeit muss unbedingt die beliebte Eislaufbahn vor dem Stadtkirchenturm dabei sein. Die Idylle hat freilich einen kleinen Schönheitsfehler: Im Vordergrund erinnert ein Baumstumpf an die zahlreichen Baumfällaktionen, die in Gießen in diesem Jahr für Aufmerksamkeit sorgten. (...) Auguste ist in der Tat keine normale Weihnachtsgans, und schon gar nicht, wenn sie von dem Gastschauspieler Sebastian Songin dargestellt wird, der nicht nur quaken und lispeln, sondern auch noch wunderbar tanzen und singen kann. Diese Gans muss man einfach gern haben, und so ist dem Schauspieler ein großer Teil des Erfolgs zu danken.(...) Die kritische Haltung gegenüber Tierhaltung und Fleischverzehr ist keine Erfindung von heute. Friedrich Wolfs Kindergeschichte von der Weihnachtsgans Auguste stammt aus den 20er Jahren. Später bearbeitete sie der in der DDR viel gespielte Theater- und Kabarettautor Peter Ensikat für die Bühne und drehte 1988 auch einen gleichnamigen Film. Damals wie heute wird das eine oder andere Kind wahrscheinlich nach dem Besuch des Theaterstücks die gebratene Gans auf der Festtafel mit anderen Augen betrachten. Doch keine Angst, es gibt Alternativen. Die Familie Löwenhaupt entschied sich für Pizza und krönte die Aufführung mit einem flotten Abschiedssong, bei dem die jungen Zuschauer begeistert mitklatschten."
(Gießener Allgemeine)

(hr 2 frühkritik)

"Mit der 'Weihnachtsgans Auguste' hat das Gießener Stadttheater wieder ein richtiges Familienstück im Programm. (...) Für alle ab sechs Jahren hat Christian Lugerth diese lustige und kritische Geschichte von Peter Ensikat auf die Bühne gesetzt, so daß Jung und Alt gleichermaßen ihren Spaß haben. (...) Bekannte Weihnachtslieder sind mit neuen Texten unterlegt und animieren das volle Haus, das gern und oft Szenenapplaus spendiert. (...) ...echt fröhliche Weihnachten bis zum 29. Dezember."
(Wetzlarer Neue Zeitung)

True Dylan

"(...) Eine abgewrackte Tankstelle irgendwo im Niemandsland, in dem es sehr heiß sein muss an diesem Tag des lockeren Treffens. Schwingtüren, alte Schilder und ein Klavier lassen erahnen, daß dieser Ort schon bessere Tage gesehen hat. Fernab der Zivilisation plaudern Bob und Sam, zwei junge Kerle, über Vorbilder wie James Dean, über Jugenderinnerungen und ihre gemeinsame Leidenschaft für Musik. »Ich hätte gerne Bob Marley getroffen«, sagt Dylan einmal, der in seiner Jugend nicht vor dem weiten Weg zurückscheute, um den sterbenskranken Woody Guthrie im Krankenhaus zu besuchen. (...) Regisseur Christian Lugerth, der gern schon mal selbst zur Klampfe greift, hat das nötige Gefühl für Country, Gospel und Blues im Blut, weiß immer den passenden Moment, um die Songs kurz vom Band anreißen oder die beiden Jungs selber singen zu lassen. Denn Vincenz Türpe und Ives Pancera (als Gast) greifen mehrmals zur Gitarre, um den Sound jener Jahre noch einmal aufleben zu lassen. Und – auch dies eine originelle Idee der Regie – sie tauschen die Rollen: mal ist der eine Bob (mit Sonnenbrille) und der andere Sam (mit Cowboyhut) oder umgekehrt. Die Ãœbergänge verlaufen fließend und beide treffen den angemessenen Ton. (...)"
(Gießener Allgemeine)

"(...) Eine Stunde belangloses Geschwätz! (...)"
(Gießener Anzeiger)

"Zum Bericht  "Eine Stunde belangloses Geschwätz" vom 28. Oktober: Auf den Artikel zur Premiere des Stücks "True Dylan" kann ich nur mit Unverständnis reagieren. Als Zuschauer habe ich mich überhaupt nicht deplaziert gefühlt. Aber der Verfasser des Artikels ist zweifellos fehl am Platz gewesen. Schon die einleitende Kritik am liebevollen Bühnenbild darf nicht unwidersprochen stehen bleiben. Viele Bühnendetails laden den geneigten Zuschauer (und erst recht jeden Dylan-Fan) zum Schmunzeln und Grübeln ein. Beispiele? Das Schild Brownsville verweist auf den Song "Brownsville Girl", den Bob Dylan und Sam Shepard gemeinsam geschrieben haben. Um die beiden geht es schließlich in dem Stück, nicht wahr? (...) Die ganze Szenerie erinnert an "Pat Garrett & Billy The Kid", den Western, in dem Bob Dylan Alias ist, also der ewig Andere. Ahnungslos zu sein ist nicht schlimm. Im Gegenteil. Der Ahnungslose kann unvoreingenommen an eine Sache herangehen und Neues entdecken, wenn er bereit ist. Und das ist das Mindeste, was ich von einem Reporter erwarten darf. Nur ein paar unzutreffende, aber scharfe Kommentare von sich zu geben, ist zu wenig. Bob Dylan soll Konzertkritikern einst entgegnet haben: "Wer sich amüsieren will, soll woanders hingehen!" Um keine Mißverstädnisse aufkommen zu lassen: Als Premierenbesucher habe ich mich amüsiert, wobei das Stück auch seine ernsten und nachdenklichen Momente hat. Der Verfasser des Artikels wäre allerdings besser woanders hingegangen. (...)"
(Leserbrief im Gießener Anzeiger)